An diesen Sommertagen ist mir der frühe Morgen die liebste Zeit. Die Kühle erfrischt mich, im günstigsten Fall weht ein leichter Wind, den ich tief einatme und den Schlaf ausatme. Ich habe noch keine Nachrichten gehört, das Smartphone ist noch stumm gestellt, noch ist die Welt nur das, was meine Sinne unmittelbar wahrnehmen. Diesen Moment möchte ich gern dehnen, ihn mir wie ein weiches Tuch umlegen, das mich schützt vor dem, was nur einige Zeit später wieder auf mich einprasseln wird.

Im Schreiben kann ich die Zeit ein bisschen dehnen, kann die Zeilen zwischen mich und den Alltag setzen, selbst wenn ich nicht vom „Schönen“ schreibe, sondern im Gewusel meiner Gedanken und Gefühle einen Weg finden will. Im Grunde ist so ein Tag – ein All-Tag – ja eine Aneinanderreihung von Momenten, jedenfalls könnten wir ihn dazu machen, wenn wir immer mal wieder innehalten und uns bewusst werden, was wir gerade tun, wo wir gerade sind. Wir könnten diese Momente wie bunte Perlen auf einen roten Faden aufziehen und am Abend könnten wir auf die Frage „Wie war dein Tag?“ uns oder anderen eine Handvoll lustiger Perlen vorzeigen und sagen: „So war mein Tag!“ Und vielleicht wäre das ein gelungener Tag!

Alternativer Bildtex

Wie war dein Tag?

Urbanes Gerangel

Ein neuer Morgen
ein kühler Morgen
eine neue Sonne
noch nicht hervorgestiegen
hinter den Dächern
ein Segen

für Momente noch
den feinen Lufthauch
genießen im Schatten
in der Noch-nicht-Sonne
der kleinen Ecke auf
dem kleinen Balkönchen

auf dem die Tauben
gerne siedeln würden
vertriebe ich sie nicht
mein Terrain verteidigend
gegen die Lauernden
die meinen Abgang herbeisehnen

Aber heute, jetzt
ein neuer Morgen
eine neue Sonne
(für ein altes Ich)
und das Kind im Nachbarhaus
es singt und weiß von nichts –

nachahmenswerte Selbstvergessenheit