Im heutigen poetischen Text ist unter anderem von „inneren Speichern“ die Rede, die möglicherweise einer Art Vorratskammer gleich uns durch die kommenden Monate bringen könnten. Ließe sich das Sonnenlicht hamstern – und mit ihm die Wärme der hellen Sommertage –, hätten wir es vermutlich getan. Aber kann ich mich (in gutem Papierdeutsch) bevorraten mit Immateriellem, gibt es in mir eine unerschöpfliche Quelle, aus der es sprudelt und sprudelt, wie ich es gerade brauche oder mir wünsche? Wie wunderbar wäre das. Dabei glaube ich durchaus, dass es so eine Quelle in uns gibt, doch ist sie nicht unerschöpflich. Sie braucht unsere Zuwendung, damit sie nicht versiegt.
Aber wenn es nun grau und trist ist und ich so erschöpft bin vom täglichen Tun, womit kann ich sie „füttern“ (wo sie doch mich füttern soll)? Es sind die Momente, wenn die Zeit einen Augenblick stillzustehen scheint, weil wir einen Reiher am Seeufer entdecken oder ein kleines Kind uns unvermittelt anlacht und die Hagebutte im Strauch ein so auffälliges Rot zeigt. Unsere Sinne sind die Reizleiter zur inneren Quelle, und vielleicht könnte es eine Idee sein, mal einen einzelnen Tag unter das Motto eines einzelnen Sinnes zu stellen: Heute widme ich mich (immer wieder) dem Sehen! Was sehe ich gern, was beruhigt mein Auge, was lässt mich tiefer schauen, unter die Oberfläche? Und dann gehe ich los – egal ob real oder imaginär – und begebe mich auf den Findeweg, den Einsammelweg und tue mir Gutes.
Seien wir freundlich mit uns selbst (und mit anderen) und schreiten wir mutig und neugierig in die dunkle Jahreszeit.
Sammelleidenschaft.
Frühherbst oder: Dann komm doch
Wieder dunkel am Morgen
trübe Tage
frösteln
Blätter fallen
wie die nächsten Monate überstehen – das Grau, die Kälte, die Dunkelheit?
was findet sich in den inneren Speichern zum Durchhalten?
der Übergangsmantel weht im Wind
Frühherbst
was Fülle war, wird Rarität
Helligkeit ist kostbar auf einmal
Sonnentage wie Geschenke
Farbwechsel
Bucheckern – weißt du noch, früher, die Buche im Hof?
rotbäckige Äpfel am Baum, letzte Blüten im Beet
emsiges Eichhörnchen, in Eicheln badendes Wildschwein
Frühherbst
zurücksehnen
gehen lassen müssen
mich geschlagen geben
Dann komm doch, du herbstlicher Herbst,
was hast du mir sonst noch anzubieten?