Seit einigen Wochen führe ich ein „Kreiseltagebuch“. Um nach einer recht uninspirierten Phase für mich die Schwelle zum Kreativwerden möglichst niedrig zu setzen, kam mir der Gedanke, eine Art Tagebuch zu führen, das nur aus Kreisen und Kringeln besteht. Eine Seite Kreise – das würde ich doch wohl jeden Tag schaffen, dachte ich mir. Und viel mehr wollte ich darüber auch nicht denken, sondern tun. Und so befinde ich mich gerade auf einer interessanten Reise durch die Welt der Kreise, Kringel und Spiralen und entdecke, wie vielfältig diese geometrische Kreisfigur ist und was sich damit alles anstellen lässt.

Das heutige Bild zeigt die Rückseite eines ins Papier genähten Kreises. Beim Betrachten des fertigen „Objekts“ erschien mir die Rückseite des Blattes interessanter als die („ordentliche“) Vorderseite. Hinter die Kulissen zu schauen, kann ja durchaus verlockender sein, als das perfekte Bühnenbild zu betrachten. Es gibt viel mehr zu entdecken. An einer Stelle ist mir das Papier eingerissen – auf der Vorderseite ist das nicht zu erkennen. Wie viele Risse weisen wir auf hinter unserem Lächeln, hinter den Rollen, die wir spielen tagtäglich? Wie sieht es aus hinter unseren Kulissen – aufgeräumt oder chaotisch? Führen wir unser Leben geordnet oder stolpern wir durch die Zeit, wie es gerade so kommt? Ein Kreis, heißt es gemeinhin, hat keinen Anfang und kein Ende. Von der Rückseite betrachtet, stimmt das nicht unbedingt, und es wird sogar sichtbar, dass mir unterwegs der Faden ausgegangen ist, der rote Faden – der zu den heutigen poetischen Zeilen überleitet, ein kleiner Auszug aus einem Text, den ich im August 2016 schrieb und der für mich immer noch Gültigkeit hat. Offenbar interessiere ich mich für das „Dahinter“ nicht erst seit gestern …

Alternativer Bildtex

scheinbar_anscheinend.

Ach, könnte ich

Ach, könnte ich mich vollsaugen
mit Himmel, wolkenlos, zum Horizont
hin heller werdend
Und dann, so ganz voller Himmel,
würde mir leicht ums Herz,
die Schmerzen lösten sich auf,
ungeahnte Klarheit bemächtigte sich
meiner, ich sähe die Dinge hinter den
Dingen und verstünde endlich
die Zusammenhänge, die ich
bisher nur notdürftig aneinanderhefte
mithilfe eines
roten
Fadens …