Herta Müller tut es, zahllose Künstlerinnen und Künstler tun es: Sie kleben, kleben Bilder und Wörter – und finden damit neue Verbindungen, stellen neue Zusammenhänge her. Hannah Höch tat es und gilt gar als Erfinderin der Collage (nur um mal einen Namen zu nennen, der nicht vergessen werden sollte).

Dieses „Spiel“ mit Bild- und Wortelementen – das oft einfacher aussieht, als es ist – hat für mich einen besonderen Reiz, weil dabei Ungeahntes und Ungeplantes entsteht. In der Verbindung mit Naturmaterialien kommt noch eine weitere Komponente hinzu: Das Trocknen und Pressen von Blüten und Pflanzenteilen entreißt diese sozusagen ihrer Vergänglichkeit und offenbart einen anderen Aspekt ihrer Schönheit. Mir hilft beim konservierenden Blütenpressen der etwas zerfledderte und über zwei Kilo schwere Band 1 von Meyers Großem Konversations-Lexikon aus dem Jahre 1904 (A bis Astigmatismus). Ich finde es eine interessante Vorstellung, dass die Blüten zwischen den Seiten in so engen Kontakt zum Wort geraten – ob sie wollen oder nicht. Vielleicht nehmen sie etwas auf vom Sinn des Wortes und tragen ihn weiter in die Collage oder ein anderes (Kunst-)Werk hinein …

Alternativer Bildtex

Bacopa monnieri. 2019

Wolkenlos

Der Himmel ist
als wär er nicht da
ein einheitliches flaches Hellblau
störungsfreier Hintergrund

Die Häuser sind
als wären sie ausgeschnitten und aufgeklebt
auf hellblaues Papier
die Schornsteine ragen akkurat empor

Da hat sich jemand Mühe gegeben
an diesem Sommermorgen
mit der Schere und dem Leim

Eine Hummel fliegt die Blüten ab
und schmeckt den Kleister der
alles zusammenhält