Beruflich redigiere ich gerade ein Manuskript zum Thema „Kriegsenkel“ und finde mich in dieser Thematik sehr wieder – und das nicht zum ersten Mal. Es ist schon zehn Jahre her, dass ich das Buch „Seelische Trümmer. Geboren in den 50er- und 60er-Jahren: Die Nachkriegsgeneration im Schatten des Kriegstraumas“ der Psychologin Bettina Alberti las und mich beim Lesen eine Erkenntnis nach der anderen „traf“. Die Generation der Kriegsenkel*innen hat da etwas transgenerational vererbt bekommen, was sie wohl lieber nicht geerbt hätte und woran sie sich zum Teil sehr mühevoll und schmerzhaft abarbeitet, wenn es ihr denn endlich bewusst geworden ist, woher die eigenen psychischen und körperlichen „Verwerfungen“ so rühren könnten.

Dieses Thema führte mich vor einigen Jahren auch in ein Schreibseminar, woran ich mich nun wieder erinnerte. Die elf Zeilen unten waren meine Quintessenz dieses Workshoptages und ich weiß noch gut, dass das Schreiben kein leichtes Unterfangen war und gleichzeitig doch sehr wohltuend, in einer kleinen Gruppe schreibend sich mit den eigenen – und teilweise eben auch kollektiven – Kriegs- und Nachkriegsnachwehen auseinanderzusetzen und Worte für sie zu finden.

Ich habe des Öfteren erfahren dürfen, welch beruhigende und auch heilende Wirkung das Schreiben haben kann. So manches Mal schrieb ich mich schon durch etwas Quälendes hindurch und gelangte am Ende zu einer Stimme in mir, die wieder Licht am Ende des Tunnels sah, sodass ich erst einmal „weitermachen“ konnte, mich wieder mehr besinnen konnte auf das Nährende und Heilsame in meinem Leben und in der Welt. Aber immer neue Kriege bringen immer neue Traumata und so nimmt es kein Ende mit den Krieger*innen, den Kriegskindern und Kriegsenkel*innen. Da drängt es mich, diesen Beitrag mit einem Appell zu schließen: Make art – not war! Make poems – not war!

Alternativer Bildtex

There is a crack in everything …

Erbschaft

Kämme die uralten Haare,
kämme die Flöhe heraus
und das Stroh, den Vogelkot
und den Staub von tausend
Jahren

So brüchig sind die Zacken deines Kammes,
so brüchig ist dein Erbe –
was du noch gebrauchen kannst
nimm mit
alles andere lass liegen