„Es soll ja Leute geben, die nicht an den Gott der Poesie glauben. Aber ich weiß, dass er existiert.“ Das sagte Michael Krüger, der ehemalige Verleger des Hanser Verlages und selbst ein Dichter, in einem Interview mit dem Magazin brand eins (Ausgabe 11/2016). Heute, am Welttag der Poesie, möchte auch ich gern den Gott der Poesie beschwören, vielleicht ist es auch eine Göttin oder noch ein ganz anderes immaterielles Wesen, das sich durch den Menschen bemerkbar macht und uns etwas mitteilen will vom Sein und Sosein, vom Nichtsein und Nichtmehrsein und allem dazwischen.

Poesie ist eine besondere Art, die Welt zu sehen, ein besonderer Versuch, die Welt zu begreifen und zu verdichten, zu destillieren. Poesie ist eine besondere Essenz – ein Tropfen davon macht schon glücklich.

Na ja, wenn es in der Schule an das Interpretieren von Gedichten geht, ist schnell Schluss mit dem Glücklichsein – zumindest war das meine Erfahrung, auch noch im Studium. Die Freiheit kam später: die Freiheit des Wortes, die Freiheit eigener Interpretation, eigener Gewissheiten und eigener Zweifel. Glück ist für mich heute und an diesem Welttag, dass ich manchmal einen Tropfen Poesie schmecken darf, manchmal auch mich an ihm abarbeite – und dabei spüre, was Poesie eben ist.

Was könnte nun das Destillat dieser langen Rede sein?

Alternativer Bildtex

Gedankenranken. 2016

Heilig

Worte nur
kaleidoskopisch
Wortsprengsel
mal so, mal anders
in ein Muster fallend
farbiges Sekundenbild

Versuchen festzuhalten
was schon vergangen im Moment
des Schreibens
und immer wieder neu
mit den Worten sein

Buchstaben
heilige Zeichen